Simbabwe ist, nach allem, was ich in vier Tagen sehen und
erleben konnte, ganz anders, als ich es erwartet hatte. Meine Vorstellung war
auf ein bitterarmes Land zu treffen, in dem, überspitz gesagt, neben wenigen
steinreichen Leuten, der Rest der Bevölkerung Hunger leidet. Außerdem hatte ich
viel Chaos und Durcheinander erwartet, gerade nach Simbabwes jüngster
Vergangenheit. Hatte doch die Hyperinflation die Wirtschaft zum Zusammenbruch gebracht
und die Regierung gezwungen, den US Dollar einzuführen. Außerdem schockte die Krankheit
Cholera das Land vor einigen Jahren und riss ca. 40.000 Menschen in den Tot. Ich
erinnere mich noch gut, dass wir damals bei Oxfam Nothilfeprojekte in Simbabwe
unterstützten. Ich entschied mich aber für die Fahrt durch das Land, weil ich
auch von allen Reisenden gehört hatte, dass Simbabwe mittlerweile wieder sehr
sicher ist, Diesel auch wieder allgemein verfügbar ist und die Menschen überaus
freundlich sind. Außerdem sei es unbeschreiblich schön und weniger touristisch
als viele andere Routen in der Gegend.
Zunächst überraschte mich der simbabwische Grenzposten.
Alles ging sehr geordnet, fast preußisch zu und die Beamt/innen begegneten mir
in sehr gutem Englisch (Einreise: 30 USD ich, 25 USD irgendwelche Gebühr fürs
Auto). Doch nicht nur das, hier wollten sie plötzlich, zum ersten Mal auf der
Reise, alle Dokumente sehen. Da wir in Äthiopien bei dem Kauf der
Versicherungskarte nicht alle der Länder auf die Karte gedruckt bekamen, durch
die ich jetzt reise (nur Gott weiß warum), half mir Holgers Freundin später,
sie etwas… sagen wir, zu modifizieren. Zwar merkte das hier, wie auch sonst
schon, niemand. Was jedoch völlig neu ist: Plötzlich wollten sie auch den
Fahrzeugschein sehen.
Nun ja, der wurde Henrik ja mit allen anderen Dokumenten in Äthiopien
geklaut. Aber ich habe eine Kopie einer Bescheinigung der kenianischen Polizei
über diesen Verlust. Ja, richtig ist auch, dass das gar nicht mein Auto, gar
nicht mein Carnet de Passage (eine Art Zolldokument) ist. Ich bin nicht mal der
Jenige, dem die Dokumente abhanden gekommen sind und dessen Name auf dem
Verlustdokument steht. Dafür wiederum habe ich eine Vollmacht, ausgestellt vom
ADAC, die mir erlaubt, dieses Fahrzeug zu fahren. Nachdem ich das also alles
erklärt hatte (wie gesagt, normalerweise fragt eigenartiger Weise niemand
danach), selbstverständlich in freundlichster Art und Weise und mit einem
Sonntagslächeln, guckten die Polizist/innen noch etwas skeptisch, ließen mich
dann aber doch passieren.
So machten wir uns auf den Weg Richtung Harare. Der ca.
240km lange Weg von der Grenze geht eher durchs Niemandsland. Ungewohnte Leere
und wenn Dörfer, dann ungewohnt ordentlich und gepflegt. Morgens noch hatte ich
am Auto festgestellt, dass aus meinem Differenzial etwas Flüssigkeit
ausgetreten war und, dass der Schlauch, der für die Luftkühlung des Tanks
zuständig sein muss, etwas unmotiviert in der Gegend rumhängt. Ich beschloss,
das in Harare checken und ggf. reparieren zu lassen. Doch dazu kam es nicht.
Auf dem Weg nahm ich zwei Hitchhiker mit, die auch nach Harare mussten und von
denen sich einer, ein Mechaniker, bei unserer Mittagspause schnell unters Auto
legte und nachsah. Das Differenzial ist noch voll und der Schlauch wieder fest.
Perfekt.
In Harare verbrachten wir dann einen Tag und zwei Nächte. Im
Gegensatz zu anderen afrikanischen Großstädten und auch im Gegensatz zu meinen
Erwartungen, ist Harare wirklich ganz hübsch. Die alten Häuser im Kolonialstil,
neben neuen verspiegelten Bürogebäuden, Einkaufscentren und älteren Kirchen,
geben ein schönes Stadtbild ab. Alles ist asphaltiert, was übrigens für fast
alle auch nur ansatzweise wichtigen Straßen in Simbabwe gilt. Es fielen mir
vermehrt Menschen mit heller Hautfarbe auf, die weniger Tourist/innen, als hier
zuhause zu sein scheinen. Einer von ihnen half uns bei der Planung der nächsten
Tage.
Wir wollten zu den Victoria Wasserfällen. Aber nicht auf den
Hauptstraßen, sondern über die Straßen am, wie wir gehört haben, wunderschönen
Lake Kariba. Allerdings wurden wir zuvor oft gewarnt. Es sei Regensaison und
die Straßen dort (keine vielbefahrende Gegend, ergo kein Asphalt) könnten
schwer befahrbar sein. Ant, ein Simbabwer, der sich sehr gut auskennt und sein
eigenes Tourguideunternehmen hat, klärte uns darüber auf, dass es sich um eine Gravel
Road (Steinstraße) handelt und dass wir kein Schlamm zu erwarten hätten. Es sei
lediglich stellenweise etwas holperig und überhaupt eben keine gute Straße. Was
wir nicht genau fragten und er auch nicht so explizit erzählte war, dass es
sich nicht wirklich lohnt, die Strecke zu fahren.
Nun, ich dachte, wir kämen ab und zu mal an den See und
würden auch sonst eine wunderschöne Aussicht genießen können. Fehlanzeige. Die
ersten zwei Tage verbrachten wir viel im Auto auf schlechten Pisten (wobei die
ersten ca. 90 km von der Hauptstraße nach Karoi noch Tar sind), sahen den See
nicht und bekamen praktisch keine schöne Aussicht geboten. Wir nahmen eine Menge
Hitchhiker mit, meist Schüler/innen oder Nonnen und spielten sozusagen den
lokalen Nahverkehrsservice. Am ersten Abend, kurz vor unserem geplanten
Übernachtungsspot, kamen wir an eine völlig überspülte Straße. Auf dem Weg
hatte es viel geregnet, wir waren durch das eine oder andere heftige Gewitter
gefahren. Und nun standen wir da, die Straße überspült und ein Haufen Locals,
die uns interessiert angafften. Nachdem ich es kurz zu Fuß probiert hatte und
bis mehr als knietief ins Wasser gelaufen war, beschlossen wir, es erst mal
nicht zu wagen. Was soll ich Henrik erzählen, wenn das Auto in Simbabwe den
Fluss runtergespült wurde… Als wir noch so verdutzt dastanden und grübelten,
kam ein Bus an, dessen Fahrer nach kurzer Inspektion meinte, der Fluss (bzw.
die Überschwemmung der Straße) würde sich bald legen. Die Insassen des Busses,
die meisten angetrunken, meinten, wir würden das mit unseren starken Autos
schon schaffen. Ich wollte es aber nicht darauf ankommen lassen und beschloss,
nachdem die Gesellschaft an diesem Ort nun auch nicht die netteste war und es
schon dunkel wurde, umzukehren und in das kleine Dorf einen Kilometer zurück zu
fahren. Dort übernachteten wir neben den Unterkünften der Lehrer/innen der
hiesigen Grund- und Sekundarschule. Es war noch ein wirklich netter Abend, an
dem wir mit den Lehrer/innen zusammensaßen, uns austauschten und das jeweils gekochte
Essen gegenseitig probierten. Der nächste Morgen war wiederum etwas eigenartig.
Nach dem Aufstehen besuchten wir noch kurz die zwei Schulen. Und obwohl wir ja
schon angekündigt hatten, im Gegenzug für die Übernachtung eine Spende
dazulassen, betonte die uns herumführende Lehrerin andauernd, welch desaströse
(Lehr) Bedingungen hier herrschen. Das war auch nicht zu übersehen, aber es
vier Mal in drei Sätzen zu erwähnen ist eventuell etwas zu viel.
Am gleichen Abend, nach einem sehr langen Fahrtag, landeten
wir dann endlich das erste Mal an der Küste des Sees. Wirklich schön, gerade
auch, weil wir in einem wunderschönen Resort unterkamen. Als wir gerade aufgrund
der Preise dankend ablehnen wollten, schraubte die Besitzerin, etwas aus
Mitleid, die Campinggebühren von 10US$ auf 5US$ runter (Masumu River Lodge).
Das abendlich Bad im Pool und das kühle Bier halfen dann auch dabei, den sich
ewig hinziehenden Fahrtag zu vergessen. Ich muss gestehen, nach sechs Monaten
unterwegs werde ich allmählich etwas müde und
freue mich umso mehr darauf, Kapstadt in etwa einem Monat zu erreichen.
Am darauffolgenden Tag ging es dann endlich zu den Vic
Falls, einem der sieben Naturweltwunder, die wir voller Erwartung gestern besucht haben. Auf dem Weg dorthin durfte der Nissan aber doch noch mal baden
gehen. So hat sich Henriks Schnorcheleigenbau (Luftansaufgung nach oben verlegt)
doch noch mindestens drei Mal bewährt…
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