Von Arba Minch ging es in einer Etappe in das Stephanie Nationalresort.
Dort versuchten wir kurz vor Sonnenuntergang neben der Straße unbemerkt ein
Schlafplätzchen im Busch zu erwischen. Es dauerte allerdings nur zwei Minuten,
bis die lokale Bevölkerung im traditionellen Outfit (weniger Kleidung dafür
mehr Schmuck) auftauchte und uns und unser Auto neugierig betrachtete. Sie erzählten
etwas und gestikulierten, wovon wir nichts verstanden, bedeuteten uns aber,
dass wir in ihrem „Revier“ schlafen dürfen. Am nächsten Morgen kamen dann
einige mehr, darunter diesmal auch Frauen und weckten uns schon vor
Sonnenaufgang durch ihre Neugier.
An diesem Tag sollten wir es nicht mehr bis zur Grenze
schaffen. Wir fuhren von dort aus über eine Stadt namens Turmi, wo wir einen
Reifen reparieren ließen und den Tank das letzte Mal füllten nach Omorate, wo
wir bzw. ich, meinen Ausreisestempel erhielt. Nur ich habe diesen Stempel
bekommen, weil ich in den letzten Ort vor der Grenze zu Kenia allein gefahren
bin. Henriks Pass wurde nämlich, gemeinsam mit einer Reihe anderer wichtiger
Dokumente, seiner Kreditkarte und Bargeld in dreo verschieden Währungen in Addis
gestohlen. Ähnlich wie im Falle Holgers wurde die Tasche vom Beifahrersitz
geklaut, als er gerade an der Motorhaube zu Gange war. Da wir in Addis einige
Tage, wenn nicht sogar Wochen auf einen neuen Pass hätten warten müssen,
entschlossen wir uns dazu, unsere Reise fortzusetzen und Henrik nicht ganz
regulär über die Grenze nach Kenia zu bringen. Hinzu kam, dass wir ohnehin
vorhatten, über den Lake Turkana zu fahren, wo es keinen Grenzübergang an der Grenze
geben sollte. Die Grenze liegt etwas in der Wüste, einer Art No Mans Land.
Am Tag, nachdem ich in Omorate meine Ausreise gemacht hatte
(Henrik wartete geduldig außerhalb der Stadt mit einem Buch und einer Flasche
Wasser), fuhren wir noch bis fast zur Grenze und campten dann in einem
wunderschönen Wüstenabschnitt. Am nächsten Morgen bauten wir einen kleinen
Freiraum im Auto, sodass Henrik sich hinten verkriechen konnte, für den Fall,
dass es doch noch einen Grenzposten geben sollte, der seinen Pass hätte sehen
wollen. In Äthiopien gab es den nicht, auf kenianischer Seite muss man jedoch
in einem kleinen Dorf namens Ilerit anhalten und sich registrieren lassen.
Währenddessen ich das machte wartete Henrik in seinem Versteck: Das war nicht
ganz kühl, aber ich hatte ja freundlicherweise im Schatten geparkt. Insgesamt
verlief die ganze Sache problemlos, keiner bemerkte Henrik: Hakuna Matata
(swahili für kein Problem)! Hätte nie gedacht, dass ich mal jemanden über eine
Grenze schmuggle, schon gar nicht in Afrika.
Nach dieser Odyssee ging es noch kurz beim St. Benedikt
Orden vorbei, wo ich Pater Florian nach den Straßenverhältnissen und der
Verfügbarkeit von Diesel und Wasser interviewte. Der Pater ist schon seit 1984
in Kenia und wurde mir von einem GTZ- (jetzt ja GIZ) Mitarbeiter aus Nairobi
empfohlen. Er erklärte mir, dass es eine neue Strecke gebe und er auch gerade
im Begriff sei, diese zu fahren. Lange fuhren wir jedoch nicht zusammen
(ungefähr zwei Minuten), denn der Pater war mit guten dreißig Sachen mehr als
wir unterwegs.