Mittwoch, 19. Januar 2011

Lake Turkana


Der Lonley Planet schreibt über Nordkenia: "We are searching for daring explorers to challenge themselves against one of the most exciting wildernesses in Africa." Sie schreiben dann aber auch, dass es sich wirklich lohnt, vor allem des Lake Turkanas wegen. Wir hatten uns ja nun für die Strecke nach Kenia über den Lake Turkana (und nicht die Standardroute über Moyale) entschieden. Zunächst, weil wir direkt nach Uganda wollten und später, weil Henrik ja nicht wirklich mehr über einen regulären Grenzübergang reisen konnte. Abenteuerlich ist die Route wirklich. Wir hatten vorher vieles über die sehr eingeschränkte Verfügbarkeit von Diesel, aber auch von Wasser und frischen Lebensmitteln und über die schlechte Straßenlage gehört. Noch in Addis gingen die Gerüchte hin und her über diese Strecke und die Frage, wie abgelegen, wenngleich doch schön sie denn nun ist. Henrik und ich haben nun festgestellt, dass es ab Turmi (weit vor der Grenze Äthiopiens) bis nach Baragoi (weit hinter der Grenze Kenias) keinen Diesel gibt und dass der Einkauf von frischem Gemüse, Brot usw. in einer etwa gleichen Spanne sehr schwer ist. Die Strecke selbst wird erst ab einem Ort namens Loyangalani (Kenia) richtig abenteuerlich, weil sie extrem steinig ist und man im Auto stundenlang hin und her geschüttelt wird, während man teilweise mit 10-20Km/h dahin kriecht. Bis nach Loyangalani ist sie schon einsam und auch steinig oder vielerorts sehr sandig. Doch wir kamen schneller und weniger durchgeschüttelt durch. In den ersten Tagen der Reise mussten wir ein wenig auf unsere Reserven achten, weil Wasser und Diesel eben nur eingeschränkt verfügbar sind. Später (ab Loyangalani) kommen in regelmäßigeren Abständen Ortschaften, die Wasser (mit Trinkwasser ist das so eine Sache) und nachher auch Diesel haben.
Was die Schönheit der Strecke angeht… Zunächst war ich etwas enttäuscht, weil zwar die Wüstenabschnitte und die Vulkangesteine (bis das Auge reicht) beeindruckend sind, wirklich schön und ansehnlich ist es aber die ersten Tage nicht. 



Es ist abgelegen und nach Äthiopien, wo man nirgendwo auch nur ein paar Sekunden ohne Menschen zu sein scheint, ist gerade das auch angenehm. Aber hin und wieder sind auch kleine Gemeinden zu entdecken und die Schönheit der Region lässt sich erst weiter südlich erkennen. Sobald man den Lake Turkana, den Jadesee, erreicht hat, fängt man an zu lächeln. Wir kamen pünktlich zum Sonnenuntergang dort an und schlugen unsere Zelte am Strand auf. 



Noch schöner wurde es aber am nächsten Tag auf dem Weg weiter nach Süden. Mit jedem Meter nach Süden ein wenig schöner, wie ich finde. Die nächste Nacht verbrachten wir in einem Camp in der Oase Loyangalani: Endlich mal wieder den Staub abduschen, nicht selber kochen und ein kühles Tusker (Bier) trinken. Und dort konnte ich auch mein sehr begrenztes Swahili wieder auspacken und erweitern:  Karibu Kenia (Willkommen in Kenia)! Am vierten Tag in Kenia verlief es bei uns nicht ganz so, wie geplant. In Loyangalani hatten wir erfahren, dass wir einen Tag sparen könnten, da der Streckenabschnitt der nächsten beiden Tage wohl auch an einem Tag erreicht werden kann. Ums vorweg zu nehmen: Wir haben es nicht mal bis zum ersten Ort (South Horr) geschafft. Der Lake Turkana ist im Süden einfach so schön, dass wir den Abzweig Richtung Südosten links liegen gelassen haben und weiter Richtung Süden gefahren sind. Dort gibt es auch einen Track (Spur), so ist das nicht… Nur der wird mit jedem Kilometer beschwerlicher und schwerer erkennbar, weil er offensichtlich kaum befahren ist. Dafür wird die Landschaft immer schöner. Wir stellten zwar bald fest, dass hier die LKWs, von denen uns berichtet wurde, wohl eher nicht langfahren können. Aber wir glaubten (oder wollten glauben), dass es noch mal einen Abzweig auf die Hauptroute geben wird. Komischerweise bot sich weiter südlich, wo das Gebirge den an dieser Stelle atemberaubend schönen See umschließt, kein Tunnel durch die Berge. Auch einen Pass für Fahrzeuge gibt es nicht. Welch eine Frechheit, wir sind wohl doch nicht in der Schweiz. Henrik und ich wollten den Tatsachen aber erst ins Auge sehen, als wir beschwerliche 20km (in 2,5 Stunden) bis fast zum südlichen Ende des Sees gefahren waren. Dieser Track verlangte dem Auto so einiges ab. Zu allem Überfluss blieben wir, als wir gerade beschlossen hatten umzukehren, auch noch im tiefen Sand hängen und mussten uns eine halbe Stunde lang freischaufeln. Wie das eben so ist, wenn man gerade nicht glauben kann, dass fast der ganze Tag in die falsche Richtung ging – kurz nicht aufgepasst und es geht noch nicht mal gleich wieder zurück… Im Endeffekt freue ich mich aber darüber, dass ich es bis Kenia geschafft habe, bevor ich mich das erste mal so richtig verfahre. 



Der fünfte Tag in Kenia hatte etwas von einer Durchhaltetour. Wir starteten am Morgen wenige Kilometer vom Lake Turkana entfernt, um an diesem Tag noch nach Maralal zu kommen. Das ist zwar zu schaffen, dafür muss man aber echt den ganzen Tag im Auto sitzen und bereit sein, sich ordentlich durchschütteln zu lassen. Wir machten kurze Stopps in den Orten South Horr und Baragoi und fuhren ansonsten den ganzen Tag durch. Es gibt auf dieser Strecke auch schöne Abschnitte, vor allem sobald es in die Berge geht. Aber irgendwie hatten wir mit der Zeit den Blick dafür verloren, die Strecke verlangt einem echt etwas ab. Da machte es sich auch nicht so gut, dass es mir durch Durchfall und starke Kopfschmerzen geschwächt nicht mehr so blendend ging. Abends war ich froh, in Maralal und damit wohl den Tor zurück zur Zivilisation angekommen zu sein (hier gibt es wieder Internet und ATMs). Vor allem freute ich mich darüber, erschöpft in ein Bett fallen zu können. Unser Fazit zu diesem Tag lautete: Wenn wir von Süden aus gekommen wären und diese Strecke hätten fahren müssen, bevor wir die Schönheit des Sees gesehen haben, hätten wir sehr ernsthaft daran gezweifelt, ob es der See wirklich wert ist. Am Tag darauf, nach dem Ausschlafen, erledigten wir einiges und machten uns dann auf den Weg Richtung Mount Kenya. Die Strecke dorthin, zumindest wurde uns sie so empfohlen, ist nicht der direkteste Weg auf der Karte. Angeblich ist die andere Strecke sehr schlecht. Kaum zu glauben, denn die, die wir gefahren sind besteht aus Wellblechpiste bis der Arzt kommt. Das hat das Auto abermals ordentlich durchgeschüttelt. Als wir dann nach einer gefühlten Ewigkeit wieder Asphalt unter den Reifen hatten, fühlten wir uns wie auf Schienen gefahren. Endlich ohne Holter die Polter und endlich mal die Möglichkeit, die Kilogramm Staub aus dem Auto zu jagen, die wir eingesammelt hatten. Das ist wohl aber eine Aufgabe, die sich das Auto noch auf Lebenszeit machen wird…